No Shame – Wie wir den Teufelskreis der destruktiven Scham verlassen
von Jessica Libbertz
erschienen am 06.03.2019 bei Graefe Unzer Verlag
umfasst 192 Seiten
* vorsorglich kennzeichne ich hier die Links, die zur Verlagsseite und zur Autorenseite führen als Werbung*
Dankeschön an Gräfe und Unzer und Netgalley für dieses Rezensionsexemplar!
Klappentext:
Wir kennen alle das Gefühl, uns zu schämen. Das bohrend schlechte Gewissen, die Schamesröte im Gesicht, der plötzliche flache Atem und die qualvolle innere Überzeugung des eigenen Versagens. Aber was ist eigentlich Scham und wieso zählt sie zu den größten Tabus unserer Gesellschaft? Warum darf man sein Schamgefühl nicht offen zeigen – obwohl viele ständig davon betroffen sind, vor allem Frauen? Doch die gute Nachricht lautet: Es gibt einen Ausweg aus der Schamfalle!
Die Autorin Jessica Libbertz (geb. Kastrop), erfolgreiche TV-Moderatorin, zeigt, wie es geht. Sie ist gutaussehend und kompetent im Job – und fühlt sich dennoch jahrelang nicht gut genug, stolpert durch verschiedene Krisen. Erst als sie den Schlüssel zum wahren Kern ihrer Probleme findet, gelingt ihr die persönliche Wende. Die Autorin erzählt von ihrem Kampf und dem Sieg über die Scham – und zeigt uns Wege aus dem Teufelskreis. Ein motivierendes Beispiel und eine wunderbare Anleitung zum Glück.
Ich kenne Jessica Libbertz vor allem aus ihrem ursprünglichen Tätigkeitsfeld der Sportmoderation. Kürzlich habe ich sie dann im Podcast „Sonntagstalk bei HR3“ im Gespräch mit Bärbel Schäfer gehört und war begeistert. Es hat mich gefreut, dass ich das Buch von Netgalley und GU-Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen habe, Dankeschön.
So hat es mir gefallen:
Den Begriff der „Scham“ als Grund für das all zu weit verbreitete Gefühl der Minderwertigkeit zu wählen, war für mich ein echtes A-ha-Erlebnis. Ich hätte die Scham nie in diesen Kontext gesetzt, ist sie bei mir mehr auf für Köperliche abgespeichert. Durch die Beschreibung ihrer eigenen Geschichte gelingt es Jessica Libbertz sehr gut die Scham als Ursache für den Teufelskreis der Selbstablehnung aufzuzeigen.
Im ersten Teil des Buches beschreibt sie, wie es ihr ergangen ist und wie sie an einem Tiefpunkt ihres Lebens, den Hinweis zur „Ursache Scham“ bekam. Sie beschreibt sehr offen ihre Maßnahmen und Vergangenes. Das liest sich sehr gut und ich finde es mutig, wie viel sie von sich Preis gibt, gerade weil es im Kontrast zu ihrem “Schein vor der Kamera” steht. Durch diese Offenheit empfindet man mit und ich konnte an einigen Stellen eigene Verhaltensweisen oder Denkmuster erkennen. Gut gefallen hat mir auch, dass sie die einzelnen Kapitel mit schönen Zitaten eröffnet.
Leider „kippt“ das Buch für mich zur Mitte hin. Das Versprechen des Untertitels „Wie wir den Teufelskreis der destruktiven Scham verlassen“ ist dann nicht mehr so eindeutig heraus zu filtern.
Jessica Libbertz hat enorm viel recherchiert und präsentiert viel Wissen, das zu möglichen Lösungsansätzen führen kann. Leider führt es für mich nicht zu einem “konzentrierten” Lösungsansatz der Problematik, sondern zeigt mehr oder weniger unterschiedlichste Denk- und Philosophiearten auf. Die unterschiedlichsten Ansätze teilweise aus Religionen und esoterische Betrachtungen, die alle ihre Berechtigung haben, werden “in den Topf geworfen” und unter das Thema Scham subsumiert.
In der zweiten Hälfte, leider die Wende…
Wo ich definitv aus dem Buch „ausgestiegen” bin, war in dem Kapitel, in dem sie über Alkohol schreibt und auch hier die Scham „über alles hängt“.
Ja, natürlich hat Scham einen Einfluss darauf, ob jemand mehr oder weniger zu Alkohol greift. Hier aber so lapidar das Thema in ein paar Sätzen aufzugreifen, finde ich schlimm. Alkoholismus ist eine Erkrankung die tiefen Einfluss in Familien (Co-Abhängigkeiten etc.) hat. Dieser Ansatz ist mir wirklich zu sehr vereinfacht.
…„Wenn wir uns wirklich selbst lieben, dürfen wir nicht zu viel trinken“…
Ähnlich ging es mir mit dem Satz:
“Eines ist sicher: vom Reden ist noch kein depressive Mensch geheilt worden. Und die Scham lässt sich nicht auflösen, indem ich immer wieder die Hirnareal anstupse aus denen sie stammt….”
Ich verstehe ihren Ansatz im Buch, aber hier wird viel zu lapidar mit einer solchen Thematik umgegangen. Es wäre sicher besser gewesen, diese Themen in dem Kontext entweder deutlich intensiver zu betrachten oder nicht vordergründig anzusprechen.
Und hier liegt auch das Problem, warum mich dieses Buch nicht endgültig gewinnen konnte. Es werden aus sehr vielen Bereichen Beispiele oder Autoren, Coaches, Sportler etc. zitiert und über alles wird das Thema „Scham“ gelegt. Weiterhin wird einmal A wie alles angesprochen: vom Reinheitsgebot der Seele, vedische Astrologie, neuronale Verknüpfungen und Heisenbergs Unschärfetheorie, in einem Atemzug mit dem Placedoeffekt. Letztlich fehlt mir hier aber der roten Faden wie man tatsächlich aus dem Teufelskreis der Scham herauskommt.
Zu guter Letzt kommt dann der “praktische” Teil, die Beschreibung ihrer Methode der MEDS- M-Meditation; E-Ernährung; D-Dynamik, S-Schlaf – und auch hier bleibt alles doch recht waage und wirkt stellenweise konstruiert.
E-Ernährung beispielsweise ist ja nun ein wirklich breites Feld und hier wird dann groß angemerkt, dass Zucker ein wahres Suchtmittel ist. (Das hätte mir beim Alkohol mal gefehlt!)
Fazit:
Für mich ist der eigentliche Ärger mit diesem Buch der Widerspruch.
Vieles ist Richtig und gut dargestellt und dann werden wieder Themen reingemischt, die möglicherweise nur gewählt wurden, weil sie einen „Trend“ unterstützen.
Es ist stellenweise unübersichtlich und möglicherweise für einen Leser, der bisher noch nicht viel „esoterisches-Know How” hat, zu viele verschiedene Ansätze.
Schade auch, dass sich Jessica Libbertz nicht mehr auf ihren persönlichen Weg und die Erkenntnisse daraus verlassen hat. Mir ist hier zu viel „Nametropping“ –(Eckhardt Tolle, Brene, Jens Corssen usw.).
“No Shame” lässt sich gut lesen, insbesondere der erste Teil des Buches. Es hat mich leider nicht wirklich erreichen können, obwohl ich die meisten vorgestellten Ansätze bereits kannte. Stellenweise fand ich eben auch anmaßend und zu „amerikanisch“. Schade, denn es ist viel Wissen enthalten, was aber nicht strukturiert genug dargeboten wird. Hier wäre vielleicht weniger mehr gewesen.
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