“Aufbruch der Störche” von Corinna Vossius
erschienen am 31.05.2024 im Piper Verlag
umfasst 304 Seiten
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Klappentext:
Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs: Die willensstarke Erika träumt nicht vom Heiraten, sondern von einem Beruf und kämpft gegen die Konventionen der Zeit. Erika wächst auf einem Gutshof bei Danzig auf und träumt von einem eigenen Beruf, obwohl ihre Mutter sie am liebsten schnell unter die Haube bringen würde. Als sie sich mit Axel verlobt, sind die Familien beruhigt. Dabei haben die beiden zunächst nur einen heimlichen Pakt geschlossen, um Zeit zu gewinnen. So kann Axel in Ruhe Medizin studieren, und Erika darf nach Dresden an die Kunstgewerbeschule. Doch als der Erste Weltkrieg ausbricht, zerschlagen sich alle Pläne. Und während Axel sich an der Front seiner Gefühle für Erika immer sicherer wird, verliebt diese sich in einen anderen Mann …
So hat es mir gefallen:
Manchmal nimmt das Leben schon interessante Wendungen. Neulich bin ich vor unserer Haustür gestürzt und habe mir ziemlich meinen Knöchel verletzt. Aus Angst, dass das Sprunggelenk gebrochen sein könnte, bin ich zum ärztlichen Notdienst gegangen und hatte dort das Glück einer Ärztin zu begegnen, die ebenfalls Deutsche ist und schon seit mehreren Jahren hier in Norwegen lebt. Neben der Erleichterung meine gesundheitliche Thematik in meiner Muttersprache kommunizieren zu können, kamen wir kurz ins Gespräch und sie erzählte mir, dass sie auch als Autorin tätig ist. Ich hatte zum einen das Glück, dass der Fuss nicht gebrochen ist und das ich ein Buch entdeckt habe, das mir (Spoiler-Alert) sehr gut gefallen hat.
Die Protagonistin Erika wächst Anfang des 20. Jahrhunderts auf einem Gut bei Danzig auf. Nachdem ihr älterer Bruder das Gut übernommen hat und ihre Eltern entschieden haben, dass sie in den Harz ziehen, verändert sich das Leben von Erika grundlegend. Ihr Mutter möchte, dass sie so schnell wie möglich heiratet, was zu dieser Zeit üblich und eine Absicherung für Frauen darstellte. Erika würde aber gerne lernen, sie träumt davon studieren zu können, doch die Konventionen dieser Zeit machen das zu einem hoffnungslosen Wunsch. Bei einem Ferienbesuch auf dem Gut gelingt es ihr eine Art “Deal” mit dem Schwager ihres Bruders Axel zu vereinbaren. Sie wollen sich verloben, aber mit der Heirat bis nach der Beendigung des Medizinstudium von Axel warten.
Dabei nehmen auch die historischen Ereignisse Ihren Lauf. Nachdem Erikas Vater verstorben ist und sie mit ihrer Mutter nach Dresden umgezogen ist, beginnt der erste Weltkrieg. Erika hilft zunächst am Bahnhof als freiwillige Helferin und entscheidet sich dann Krankenschwester zu werden. Dies wir ihr zur Berufung.
Mit Erika ist Fr. Vossius eine großartige Protagonistin gelungen. Sie will mehr, als zu dieser Zeit für Frauen möglich war, allerdings setzt sie es mit geschickten und intelligenten Mitteln durch und geht ihren Weg.
Der Roman enthält viele historische Fakten und Grundlagen, von denen mir einiges in dieser Form nicht bekannt war. Darüber hinaus ist das Buch ein echter Page-Turner und man erliest sich “spielerisch” eine historische Zeit. Auch die anderen Figuren, wie bspw. Erikas Mutter oder ihre Freundin Irene sind authentisch und gelungen. Auch erhält man im Buch schon einige Hinweise im gesellschaftlichen Miteinander, wie der 2. Weltkrieg entstehen konnte. “Aufbruch der Störche” ist wirklich ein gelungener historischer Frauenroman ohne verstaubt oder träge daher zu kommen.
Der Winter wurde in diesem Jahr zwar nicht so kalt wie im vorhergegangenen, aber in Arnsdorf- so wie überall in Deutschland- fehlte es inzwischen am Nötigsten, nicht nur für den persönlichen Bedarf, sondern auch und vor allem für die Pflege unserer Kranken…. Doch schwerer noch als die allgegenwärtige Armut war die Ungeduld zu ertragen. Wir waren kriegsmüde.
Erst am Ende des Romans habe ich erfahren, dass die Geschichte von Erika in großen Teilen die Geschichte der Großmutter der Autorin ist. Man spürt, dass in diesem Roman viel Herzblut steckt und viel Recherche. Was mir auch sehr gut gefallen hat, dass die Sprache der Protagonisten auch so gut in die Zeit passte, also alles in allem ein sehr “rundes” Leseerlebnis.
Fazit:
Innerhalb von zwei Tagen bin ich förmlich durch die 304 Seiten des Romans geflogen und hätte sehr gerne Erika weiter in ihrem Leben begleitet.
Eigentlich lese ich selten historische Romane, aber den “Aufbruch der Störche” kann ich jedem ans Herz legen. Ein wirklich sehr gelungenes Buch und ein wichtiges Stück deutscher Geschichte in sehr eingängiger Form beschrieben.
Abschliessend kann ich zumindest feststellten, dass so ärgerlich mein Sturz auch war, es mir ein Lesevergnügen bereitet hat, dass vorher nicht auf meinem Radar war.
Große Empfehlung!
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