Ein völlig anderes Leben von Lisa Quentin
erschienen am 14.03.2022 im Goldmann Verlag
umfasst 319 Seiten
*vorsorglich kennzeichne ich hier die Links, die zur Verlagsseite und zur Autorenseite führen als Werbung*
Herzlichen Dank an den Goldmann Verlag und das Bloggerportal für die Bereitstellung des Leseexemplars!
Klappentext:
Jetzt habe ich niemanden mehr, ist Jules erster Gedanke, als ihre Mutter stirbt. Doch dann findet sie bei der Wohnungsauflösung Unterlagen, die darauf hindeuten, dass sie adoptiert wurde. Jule, die sich ihrer Mutter nie wirklich nah gefühlt hat, beginnt ihre gesamte Vergangenheit zu hinterfragen: den überstürzten Umzug in den Westen, den Kontaktabbruch des Vaters, das Verschwinden der Schwester sowie das beharrliche Schweigen ihrer Mutter dazu. Hätte sie heute ein völlig anderes Leben, wäre sie bei ihrer richtigen Familie aufgewachsen? Wäre sie glücklich? Jule weiß, sie muss ihre leibliche Mutter finden und zur Rede stellen. Und ahnt dabei nicht, dass sie nicht die Einzige ist, die jahrelang nach Antworten gesucht hat…
So hat es mir gefallen:
Nach dem Tod Ihrer Mutter stellt Jule so gut wie alles in Frage. Sie ist nun allein und die Frage nach dem „Weiterleben“ stellt sich und dem wie. Mit persönlichen Beziehungen tut sie sich schwer. Trotzdem, dass die nie eine wirklich innige Beziehung zu ihr Mutter hatte, driftet Sie ab und auch der Alkohol wird ein neuer Freund.
Ihre Freundin Isa findet sie förmlich am Boden zerstört und steht ihr mit ihrer Tatkraft und Beständigkeit zur Seite und das obwohl Jule auch bei Isa einfach den Kontakt hat schleifen lassen. Jule bewundert Isa für Ihren Optimismus und ihre Tatkraft, stellt aber auch mehr und mehr fest, dass auch in Isa´s Leben nicht alles so optimal läuft, wie es scheint.
Mit Isa´s Unterstützung begibt sich Jule auf den Weg Fragen zu klären. Fragen, die mit dem Nachlass der Mutter aufgeworfen wurden. Fragen, die Angst machen und dennoch die einzige Möglichkeit sind, das eigene Leben zu verstehen. Die Antworten sind schwer zu bekommen und schwer auszuhalten. Immer mehr kommt Jule der Wahrheit und somit ihrer eigenen Lebensgeschichte auf die Spur.
Parallel wird die Geschichte von Hanna erzählt. Zunächst ist noch nicht klar erkennbar, wie die Geschichten von Hanna und Jule zusammengehören, aber nach und nach ergibt sich ein rundes Bild.
Die Spannung des Buches lebt durch die Geschichten der beiden Frauen und den Weg, den es braucht um die Puzzleteile zusammenzusetzen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle ungern spoilern.
Die Frage nach der eigenen Herkunft ist existenziell und notwendig, um sich in der Gegenwart zurecht zu finden. Aber auch das Finden der eigenen Herkunft gestaltet sich dann schwerer, als gedacht. Zwei Leben, viele Trümmer und das langsame Annähern, um zu heilen.
Es hatte ich angestrengt, immer zu lächeln, zu nicken, mitzumachen, immer zu versuchen, jemand anderes zu sein. Und wer wusste schon, wen ich da anlächelte? Wem ich da zunickte? Und wem ich womöglich zu viel über mich und meine Familie preisgab? Auf wen konnte ich mich verlassen?
Die Geschichte, die sich den LeserInnen offenbart ist zugleich unglaublich, schrecklich und dennoch eine tatsächlich geschehene Realität.
Die Fakten, die am Ende des Buches aufgelistet werden sind erdrückend und kaum zu fassen. Umso wichtiger ist dieses Buch, dass ein sehr dunkles Kapitel der Geschichte der DDR „aufleben“ lässt. Gerade in dieser, teils fiktiven Erzählung und mit der Identifikation der Protagonistinnen, wird diese Geschichte lebendig und zeigt, wie viele Menschen mit einem ähnlichen Schicksal leben und wie wenig Gehör sie finden.
Fazit:
Lisa Quentin ist hier ein tolles Buch gelungen. Eine Geschichte, die so gut erzählt wird und den/ die LeserIn emotional durchrüttelt. Es bleibt die Fassungslosigkeit über Taten in der ehemaligen DDR und die Fassungslosigkeit, wie wenig Aufarbeitung es immer noch gibt. Wie viele Menschen immer noch unter diesem Unrecht leiden müssen. „Ein völlig anderes Leben“ ist ein wirklich wichtiges Buch und ich hoffe, dass es die Aufmerksamkeit bekommt, um dieses dunkle Kapitel aufzuarbeiten.
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