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“Mutters Flucht- auf den Spuren einer Heimat“ von Andreas Wunn [Rezension]

Buchcover zu Mutters Flucht

Mutters Flucht – Auf den Spuren einer verlorenen Heimat

von Andreas Wunn

erschienen bei Ullstein (12.10.2018)

umfasst 256 Seiten

 

* vorsorglich kennzeichne ich hier die Links, die zur Verlagsseite und zur Autorenseite führen als Werbung*

Dankeschön an Ullstein und Netgalley für dieses Rezensionsexemplar!

Klappentext:

»Wann immer ich an die Flucht meiner Mutter denke, sehe ich das Sonnenblumenfeld vor meinem Auge. Und irgendwo darin stelle ich mir meine schlafende Mutter vor und den Hund und die Grenzsoldaten. Eigentlich hat meine Mutter nie wirklich von früher erzählt. Nicht von ihrer Kindheit als Deutsche in Jugoslawien, nicht von der Flucht, nicht vom Ankommen in Deutschland. Für sie war das Dorf, in dem sie geboren wurde, ein untergegangener Sehnsuchtsort. Kann ein Ort Heimat sein, an den man sich kaum erinnert?«

Jahrzehntelang hat Andreas Wunns Mutter dazu geschwiegen, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Gebiet Jugoslawiens nach Deutschland floh. Auch über ihre Wurzeln — jene der Donauschwaben im Banat — sprach sie nicht viel. 2017 endlich, genau 70 Jahre nach ihrer Flucht, beschließt Wunn, zusammen mit ihr eine Reise in die Region ihrer Kindheit zu machen: entlang ihrer damaligen Fluchtroute, die heute als »Balkan-Route« bekannt ist. Ihre Reise führt Mutter und Sohn über Süddeutschland, Österreich und Ungarn bis nach Serbien. Entstanden ist die anrührende Erzählung eines Nachkriegsschicksals, aber auch die persönliche Wiederentdeckung eines fast vergessenen Stücks deutscher Geschichte, die vor Jahrhunderten begann und nach dem Zweiten Weltkrieg endete.

So hat es mir gefallen:

Mit dem Buch „Mutters Flucht- auf den Spuren einer Heimat“ von Andreas Wunn habe ich mich auf eine bestimmte Art und Weise schwer getan. Ich bin mir nicht sicher, ob es ausschließlich an meinen Erwartungen lag. Was waren eigentlich meine Erwartungen?

Ich bin davon ausgegangen, dass es hier um eine Rückschau eines Fluchterlebnisses geht und diese Rückschau vor der Gegenwart reflektiert wird. Das konnte ich leider nicht so ganz finden. Was mir tatsächlich an dem Buch fehlte, war das Herz, das Gefühl. Das klingt jetzt vielleicht etwas pathetisch, aber die Hauptperson, die Mutter, um deren Erlebnisse und Vergangenheit es ging, tritt für mich so gar nicht in Erscheinung. Ja mehr noch, sie wirkt eher wie ein Statist in der Geschichte.

Da ist der Sohn, der dieses Buch schreibt und die Geschichte erzählt und zurückverfolgt. Die Geschichte, bei der die Hauptperson aber irgendwie im Hintergrund bleibt und sich kaum einlässt auf diese Reise. Eine Frau, die als 4 jähriges Kind diese Flucht miterlebt hat und ihre Erinnerungen sehr tief vergraben hat und vermutlich traumatisiert wurde.

Für mich stellt sich die Frage, ob sie diese Reise wirklich machen wollte, oder ob sie mehr „Mittel zum Zweck“ war, damit ihr Sohn diese Geschichte erzählen konnte bzw. vielleicht auch seine Mutter oder seine eigene Geschichte besser verstehen wollte?

„Es war ein Abenteuer und ein emotionales Wagnis, das meine Mutter überhaupt nicht eingegangen wäre, hätte ich sie nicht dazu gedrängt.“

Dieses Satz kommt leider erst sehr spät im Buch und zeigt die Problematik für mich auf. Jemanden in etwas zu drängen, ist immer ein schwieriges Unterfangen, selbst, wenn die „Beträngte“ am Ende dankbar erscheint. Ich hätte es authentischer empfunden, wenn der Autor mehr bei sich und seiner Intention angesetzt hätte, warum er diese Reise machen wollte.

Hier wurde gut recherchiert…

Grundsätzlich ist „Mutters Flucht“ sehr gut recherchiert und gibt viel Einblick in die Umstände denen die sogenannten „Donauschwaben“ im 2. Weltkrieg ausgesetzt waren.  Die Donausschwaben, waren eine deutschstämmige Minderheit, die im Banat (ehemaliges Jugoslawien an der Grenze zu Rumänien) lebte und zum Ende des 2. Weltkrieges von Tito verfolgt wurden. Es wäre vielleicht als rein geschichtlicher/politischer Text für mich besser angelegt worden.

Aktueller Bezug

Auf der Reise kommen auch immer wieder die aktuellen Flüchtlingsthematiken zum tragen, was informativ und gelungen ist. Viele Informationen gerade im Hinblick auf die Vorgehensweise in Polen, sind interessant geschildert. Die Unterhaltungen mir den Menschen unterwegs, die teilweise auch wieder aus anderen Ecken des ehemaligen Jugoslawiens umgesiedelt wurden, sind schön beschrieben und zeigen die Menschlichkeit und unterschiedlichste Schicksale.

Die Sachthemen und die Begegnungen gefallen mir sehr gut. Wer allerdings ein persönliches Empfinden und Erleben eines geflüchteten Menschen, der seine Heimat nach vielen Jahren besucht, erleben will, wird enttäuscht werden. Selbstverständlich bleibt es jedem überlassen sein Inneres nach Außen zu zeigen, aber vielleicht hätte Andreas Wunn dann den Titel anders wählen sollen und nicht seine Mutter in den Fokus stellen sollen. Letztlich ist es ein wichtiges Buch, weil mir die Geschichte der sogenannten „Donauschwaben“ gar nicht bekannt war.

Es ist grundsätzlich wichtig, dass so viele Facetten wie möglich in der Erinnerung gehalten werden und die nächsten Generationen informiert werden, um aus der Vergangenheit lernen zu können.

Fazit:

Zwei Aspekte werden am Ende des Buches noch kurz aufgenommen. Zum einen das Thema „Heimat“. Hat die Mutter bzw. ihr Bruder ein Heimatgefühl oder vielmehr was ist Heimat? Dieses Thema wird leider nur kurz angesprochen. Ich hätte mir gerne in diesem Buch mehr solche „Verknüpfungen“ gewünscht. Was hat die Flucht aus den „Geflüchteten“ gemacht und wie beeinflusste sie das weitere Leben?

Ein weiterer Aspekt am Ende des Buches sind die „Wurzeln“, ist es wichtig im Leben „verwurzelt“ zu sein bzw. wenn man ohne „Wurzeln“ lebt, wie ist dieses Leben dann?

Das Buch von Andreas Wunn zeigt ein Stück Zeitgeschichte, das wenig bekannt ist und informiert umfassend und bildhaft.

Persönlichere Ansätze im Hinblick auf den Titel haben mir leider gefehlt und werden mehr oder weniger spekulativ erzählt. Da war mir das Buch etwas zu “statisch”.

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