Alleingang
von Stefan Moster
erschienen im Mareverlag am 12.02.2019
umfasst 368 Seiten
*vorsorglich kennzeichne ich hier die Links, die zur Verlagsseite und zur Autorenseite führen als Werbung*
Herzlichen Dank an den Mare Verlag für das Rezensionsexemplar!
Klappentext:
Als Kinder sind sie Freunde: Freddy und Tom. Sie wohnen in derselben Straße, besuchen dieselbe Klasse, nachmittags spielen sie Baader-Meinhof-Bande. Während Tom als behütetes Einzelkind aufwächst, lebt Freddy mit Oma und Geschwistern in einem verwahrlosten Haushalt. Anfang der Achtziger zieht Tom in eine alternative Studenten-WG; man positioniert sich gegen Kernkraft, Startbahn West und Pershing-Raketen – und gefällt sich darin, »einen wie Freddy« in seinen Reihen zu haben. Doch die Rolle des Außenseiters ist kompliziert.
Erzählt aus der Perspektive des Erwachsenen, der frisch aus der Haft entlassen ist, spielt der Roman an einem einzigen Tag: Von dort blickt Freddy zurück in jene Zeit, in der Freundschaften, Konflikte, freie Liebe und der Hunger nach Anerkennung sein Leben bestimmten – und zu einer Tragödie führten, die ihn viele Jahre seines Lebens kosten sollte.
So hat es mir gefallen:
„Alleingang“ beginnt mit Freddys Haftentlassung.
Der Leser bekommt Stück für Stück in Form, von gedanklichen Rückblicken, die Vergangenheit von Freddy mit. Was hat dazu geführt, dass er ins Gefängnis musste?
Man lernt sein Elternhaus und seine Freunde kennen. Gleichzeitig kristallisiert sich auch immer mehr Freddys Charakter heraus. Aus dem kleinen Jungen, der ein großer Bewundere des Boxers Mohammed Ali ist, wird ein Mann mit Prinzipien und einem ganz eigenen „Ehrenkodex“. Freddy hat eine Klarheit die Dinge zu betrachten, dass er damit seine Freunde ziemlich zum schlingern bringt. Freddy stammt aus einer schwierigen Familiensituation und die Freunde, die ihm einen Blick auf eine ihm nicht bekannte „Normalität“ gewähren, werden für ihn eine Art Familie.
Durch die Retrospektive in Freddys Welt, nimmt man Teil an seiner Kindheit und Jugend. Der Leser erfährt einiges von der gesellschaftspolitischen Situation der 70er und 80er Jahre. Dabei wird auch klar wie die „Trendkonzepte“ dieser Zeit (freie Liebe, Friedensbewegung etc.) letztlich von kurzer Dauer für Freddys Freunde sind. Sie versuchen sich darüber einen Sinn zu geben und enden dann letztlich doch in derselben Lebenswelt wie bereits ihre Eltern.
Freddy ist und bleibt da deutlich authentischer, was die Freunde einerseits fasziniert und andererseits erschreckt.
Er ist und bleibt ein Außenseiter, der aber gar nicht vordergründig nach etwas Höherem strebt, sondern vielmehr Menschen sucht, die ihn lieben, bei denen er ein zuhause finden kann.
Er lebt eine Klarheit, die in der Gesellschaft nicht so häufig anzutreffen ist. Diese Klarheit bringt ihn letztlich auch ins Gefängnis.
„Ich war nicht gern, wo ich herkomme, denkt Freddy. Aber ich möchte gern sein, wo ich hinfahre. Welche Richtung muss ich einschlagen, damit das klappt?
Stefan Moster schafft es in seinem Roman die Zeit der 70er und 80 er wieder aufleben zu lassen. Der Blick auf die damaligen Ideale und gleichzeitig auch darauf, was daraus geworden ist.
Mit Freddy schafft er eine Art „Antiheld“. Er ist immer ein Außenseiter und trotzdem auf eine bestimmte Art liebenswert. Gleichzeitig fragt man sich, ob man Freddy selbst in seinem Freundeskreis haben möchte und das obwohl er eigentlich „moralisch“ besser aufgestellt ist, als seine „scheinheiligen” Freunde. Dabei wird den eigenen Vorurteilen unter Umständen ein Spiegel vorgehalten.
Fazit:
Es ist mir anfangs etwas schwer gefallen mich in den Roman einzufinden, da mir die Identifikationsfigur fehlte. Stellenweise war mir die Geschichte auch zu ausschweifend erzählt. Zum Glück hat mich das Buch im letzten Drittel aber nochmal richtig gepackt. Zum Ende hin ist es gelungen eine emotionale Verbindung zum Protagonisten aufzubauen.
Besonders gut gefällt mir der gewählte Titel „Alleingang“, der perfekt Freddys Leben beschreibt und gleichzeitig auch die Problematik wiedergibt, wie es sich anfühlt für Dinge einzustehen und klar Stellung zu beziehen aus einem Verständnis von Gerechtigkeit und Klarheit.
Alleingang ist ein sehr gelungener Roman, der stellenweise etwas unbequem zu lesen ist, aber zum Ende hin dem Leser im Kopf und im Herz bleibt.
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