Ich hatte das große Glück die wunderbare Lorraine Fouchet auf der Buchmesse in Frankfurt persönlich kennenzulernen. Für mich war es eine aussergewöhnliche Begegnung mit einer sehr sympathischen und starken Frau.
Ihren Roman ” Ein geschenkter Anfang”, erschienen im Atlantik Verlag, habe ich unter dem Eindruck dieser Begegnung gelesen und hatte etwas Angst, dass das geschriebene Wort der erlebten Persönlichkeit vielleicht nicht gerecht werden könnte. Glücklicherweise war dies unbegründet.
Worum geht es:
Lou und Jo leben auf der kleinen bretonischen Insel Groix. Als Lou stirbt, hinterlässt sie ihrem Ehemann ein ungewöhnliches Testament. Er soll dafür sorgen, dass die gemeinsamen erwachsenen Kinder glücklich werden.
So hat es mir gefallen:
Der Roman ist in einer Art Tagebuchform geschrieben. Die verschiedenen Personen ( Jo, Lou, die Kinder, Enkeltöchter, Ehefrauen) erzählen die Handlung aus ihrer Sicht.
Es dauert einen Augenblick bis man in diese Schreibweise hineinfindet, vor allem Anfangs, wenn man die Charaktere noch nicht so gut kennt. Allerdings ist es ein wunderbares Stilmittel, um die Komplexität der Personen aufzuzeigen, ihr Zusammenwirken, ihre Missverständnisse und Erwartungen. Es zeigt den ” Kampf” jedes Einzelnen mit seinem Schicksal und macht es authentisch und lebensnah.
Das Buch startet mit der Beerdigung von Lou. Die Trauer von Jo und seine Hilflosigkeit in emotionalen Dingen wird sehr einfühlsam beschrieben.
Jo war leidenschaftlich in seinem Beruf als Arzt und Lou, seine Ehefrau, kümmerte sich um die Belange der Familie und der Kinder. Nun stellt er fest, dass er seinen Kinder kaum kennt.
Mit dem Testatment gibt ihm Lou eine schwierige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Kinder glücklich sind und damit auch sie besser zu verstehen und zu kennen.
“Du wusstest was mir bevorsteht, Lou. Ich schlucke mühsam. Ich denke an unsere Kinder, wie sie früher waren, miteinander verschworen, am liebsten sprachen sie Inseldialekt.”
Lou und Jo lebten eine große Liebe, jeder mit seinen Eigenarten, die vom anderen akzeptiert und geliebt wurden. Sie haben die gemeinsamen Kinder Sarah und Cyrian. Cyrian ist verheiratet mit Albane sie haben die gemeinsame Tochter Charlotte. Cyrian hat noch eine Tochter Pomme aus einer früheren Beziehung, die ebenfalls auf Groix lebt.
Man erfährt die Hintergründe jedes einzelnen Familienmitgliedes und deren Veränderungen im Laufe der Zeit.
Die Handlung nimmt eine spannende Dynamik auf, gerade weil sie aus den verschiedenen Blickwinkeln berichtet wird. Ganze Leben werden erzählt und teilweise auch mit überraschende Wandlungen, die mir die Charaktere allesamt, mit Ihren Stärken und Schwächen, haben ans Herz wachsen lassen.
Vorwiegend spielt die Geschichte auf der bretonischen Insel Groix und beschreibt wunderbar die Lebensart dort mit ihren Eigenarten und Herausforderungen. Man bekommt ein Gefühl für die rauhere Lebensweise, auch im Vergleich zum vermeintlich ” zivilisierteren” Paris. Lorraine Fouchet lebt selbst teilweise auf Groix und teilweise in Paris und man spürt ihre Liebe zu dieser Insel in ihren Worten.
“Die Insel bedeutet Schutz wie Abschottung. Wer sie betritt, wird, wenn er mit ihr verbunden ist, seine verlorene Seele wiederfinden.”
Man merkt, dass Lorraine Fouchet früher als Ärztin gearbeitet hat, so werden medizinische ” Vorkommnisse” authentisch erzählt. An dieser Stelle will ich aber nicht zu viel verraten, sonst nimmt man die Spannung.
” Ein geschenkter Anfang” ist ein Buch, dass die Widrigkeiten des Lebens einfängt, aber auch die Hoffnung gibt, dass jeder sein Schicksal überwinden kann. Es zeigt den Selbstfindungsprozess der einzelnen Protagonisten nach einem Schicksalschlag und ist dennoch so lebensbejahend und Mut gebend.
Die ganze Geschichte dann noch im bretonisch/ französischen Kontext- einfach wunderbar!
Für mich eine klare Lesemepfehlung!
Ich freue mich schon auf den zweiten Roman von Lorraine Fouchet, der in 2018 erscheinen wird.
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2 Comments
Kerstin Cornils
Februar 19, 2018 at 7:45 pmDas Buch hört sich gut an. Es wandert direkt auf meine Wunschliste.
Deine Bedenken an das Buch nach der Begegnung mit der Autorin kann ich gut nachvollziehen. Mir ist es eher umgekehrt ergangen. Seit Jahren lese ich die Bücher von Susan E. Phillips und hatte große Bedenken, ob ich nach dem Treffen mit der Autorin ihre Bücher noch lesen mag. Ob sie genau die Person ist, die ich mir vorgestellt habe. Das erste Treffen mit Susan hat mich nur noch mehr fasziniert und zu ihren Büchern hingezogen.
Ich finde es immer wieder schön, die Menschen hinter den Büchern persönlich kennenzulernen.
Lg Kerstin
Fredriksson
Februar 20, 2018 at 8:29 amLiebe Kerstin,
danke für Deinen Kommentar. Es ist wirklich eine interessante Begegnung mit den Menschen hinter den Büchern.
Die Bücher wirken dann nochmal anders und es ist auch immer schön, solch kreative Menschen zu begegnen.
Liebe GRüße
Isabel