Der Dalai Lama hat eine neues Buch herausgebracht. Eine kleine Abhandlung zum Thema „Wut“ und wie man diese positiv nutzen sollte.
2005 hatte ich die Gelegenheit das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten persönlich zu sehen. Es war eine tolle Erfahrung, diesen kleinen Mann mit so viel Humor und einem enormen Wissen, dass er zusätzlich noch in verständlicher Form an andere weiter geben kann, direkt zu begegnen. Ich bin im eigentlichen Sinne kein gläubiger Mensch. Mit dem christlichen Glauben, in dessen Tradition ich aufgewachsen bin, stehe ich eher im Konflikt, da ich als Kind viel zu oft mit den Worten „ der liebe Gott sieht alles und straft sofort“ aufgewachsen bin. Also hadere ich bis heute mit einem eher alttestamentarischen Gottesbild. Im Buddhismus gefällt mir besonders, dass die Selbstverantwortung und sie Selbsterkenntnis im Vordergrund steht. Dennoch fällt es mir schwer mich unter ein „kirchliches System“ einzuordnen. Ich würde mich eher als spirituellen Menschen einordnen bzw. als einen Menschen auf der Suche nach Spiritualität.
An dem neuen Buch des Dalai Lama hat mich allerdings die Thematik gereizt. Die Wut steht hier Fokus der Betrachtung. „Wut“ ein Gefühl, dass in den meisten Religionen abgelehnt und „verboten“ wird. Dennoch ist es ein Gefühl, dass einem gefühlt immer häufiger in unserer Gesellschaft entgegenschlägt.
“Be angry!” vom Dalai Lama
erschienen im Ullstein Verlag am 21.05.2020
umfasst 128 Seiten
*vorsorglich kennzeichne ich hier die Links, die zur Verlagsseite und zur Autorenseite führen als Werbung* Herzlichen Dank an den Ullsteinverlag und Netgalley für die Bereitstellung des Leseexemplars!
Klapptentext:
In diesem Buch räumt der Dalai Lama mit alten Mustern auf. “Be Angry!” – Sei wütend! – steht für die Empörung, die in Zeiten großer sozialer Ungerechtigkeit und politischer Unsicherheit für die menschliche Gesellschaft überlebensnotwendig ist.
Empörung schafft Aufmerksamkeit. Aus Wut entsteht Kraft. Starke Gefühle stecken voller Energie und Leidenschaft, wie sie jeder von uns kennt. Wie man diese Kräfte für eine positive Veränderung in unserer Gesellschaft einsetzen kann, ist die Botschaft dieses Buches.
Ein Buch von berührender Klugheit, mit Beispielen für die positive Kraft der Wut, die dem Dalai Lama in der ganzen Welt begegnet sind.
So hat es mir gefallen:
Das Buch lässt sich sehr gut lesen lässt. Nach den Kapiteln sind die wichtigsten Aussagen noch einmal prominent hervorgehoben. Es bietet viele sinnvolle und nachvollziehbare Denkansätze. Mir hat besonders gefallen, dass der Tatbestand herausgestellt wird, dass vor allem in der westlichen Gesellschaft und dort gerade auch im Schulsystem das Thema „Mitgefühl“ keine Rolle spielt. Wie soll sich unsere Gesellschaft also ändern, wenn grundsätzliche Werte nicht vermittelt werden.
Der Dalai Lama unterscheidet die Wut insbesondere in die Form der “mitfühlenden Wut”. Wenn man also wütend ist, weil man über Zustände wütend ist, die für andere Unglück bedeuten bzw. andere Menschen ungerecht behandelt werden, dann ist dies eine Wut, die zu richtigem Handeln führen kann und zu sozial Veränderung.
Auch mit einigen Mönchen geht seine Heiligkeit ins „Gericht“ und prangert an, dass diese nicht mehr den von Buddha genannten Mittelweg gehen, also nicht mehr an den „echten Problemen“ dran sind, sondern sich vielmehr in ihren Ritualen bewegen und ggf. verlieren.
„Es ist sinnlos, herumzugehen und lediglich zu wiederholen, dass Buddha die Wichtigkeit des Friedens betont hat; vielmehr müssen wir uns mit der Gewalt in der äußeren Welt auseinandersetzen.“
Ich mag die vielen Denkanstöße, die mit diesem Buch hervorgerufen werden. Gerade auch, weil es hier um eine gesamtmenschliche Verantwortung geht, völlig losgelöst von Religionen und Staatssystemen. Gesellschaften, die sich nur dem Wettbewerb verschrieben haben, verlieren immer mehr das Mitgefühl, was fatale sozial Auswirkungen haben wird und bereits schon hat.
Insbesondere auch im Hinblick auf die aktuelle Corona Pandemie, sind hier die richtigen Dinge thematisiert. Denn sollte dieser herausfordernde Zeit langfristig etwas Positives abzugewinnen sein, dann möglicherweise, dass sie gesellschaftliche Veränderungen hoffentlich zu einem besseren und verständigeren Miteinander hervorbringt und bestehen ungerechte Strukturen hinterfragt.
Fazit:
Egal in welchem religiösen Kontext man sich persönlich befindet, kann ich das Buch jedem ans Herz legen. Es kann nie verkehrt sein kluge Gedankenansätze zu lesen und darüber zu reflektieren.
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