” Die Seefahrerin”
von Catherine Poulain
erschienen 2017
im btb Verlag
411 Seiten
Das Buch ” Die Seefahrerin” von Catherine Poulain habe ich bereits im Oktober 2017 auf der Buchmesse in Frankfurt für mich entdeckt. Um so mehr hat es mich gefreut, dass ich es vom Bloggerportal als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen habe. Vielen Dank dafür!
Klappentext:
Lili ist frei. Sie hat ihr Leben hinter sich gelassen. Vor der Westküste Alaskas fährt sie als einzige Frau mit der Fischfangbesatzung der Rebel über den Ozean. Sie ist dem eiskalten Wind des Meers ausgesetzt, spürt das Salz auf der Haut, schuftet, verletzt sich, schläft an Deck des Schiffes, geht an ihre Grenzen- und wird Teil der rauen Welt der hartgesottenen Matrosen. Doch einer unter ihnen ist anders als alle anderen: Lili und Jude ziehen sich magisch an, ihre Beziehung ist intensiv, fordernd, fast zerstörerisch. Als er sie bittet, mit ihm fortzugehen, muss Lili sich entscheiden zwischen den grenzenlosen Freiheit der Meere und der vielleicht größten Liebe ihres Lebens.
So hat es mir gefallen:
Mit einer “atemlosen” staccato-ähnlichen Sprache zieht der Beginn des Buches den Leser direkt in das Geschehen hinein. Man nimmt Teil an Lilis Reise, wie sie von Frankreich weggegangen ist und sich per Bus durch die USA in Richtung Alaska begibt, um dort als Fischerin zu arbeiten. Ich wurde von Anfang an mitgerissen, wie Lili es schafft auf dem Boot, der ” Rebel”, anzuheuern. Ohne Vorkenntnisse mit auf Fischfang zu gehen, als einzige Frau auf einem Boot mit ausschliesslich Männern und einer Arbeit und Lebensbedingungen die extrem hart sind, ist faszinierend.
“Sich anheuern zu lassen heißt, mit dem Kutter verheiratet zu sein, solange du auf ihm schuftest. Du hast kein eigenes Leben mehr, nichts was nur Dir gehört. Du mußt dem Kapitän gehorchen. Sogar, wenn er ein Arsch ist.”
Lili ist hart mit sich und versucht besser zu arbeiten als die Männer, um deren Anerkennung zu erhalten und weiter mit zum Fischfang genommen zu werden.
Leider erfährt man von dem Leben in Frankreich und den Gründen, warum sie von dort weg ist fast nichts. Lediglich ein paar Andeutungen zeigen, dass Lili vor etwas Schlimmen geflohen zu sein scheint. Auch die Frage, warum sie unbedingt in Alaska fischen will bleibt unbeantwortet.
Die Atmosphäre in dem kleinen Hafen ist zunächst faszinierend, wird aber mehr und mehr erschreckend. Menschen, teilweise vom Schicksal nicht verwöhnt, kommen als ” Glücksjäger” dorthin und träumen vom großen Fang und dem großen Geld, um ihr Leben zu ändern.
Letztlich schafft es eigentlich keiner. Auf den Schiffen ist die Arbeit so hart, dass sich der Körper vom Geist trennt und man nur noch funktionieren muss, um zu überleben, das bringt sicher dem ein oder anderen zunächst eine Erleichterung. Zurück an Land, wird der Alltag dominiert von der Suche nach einem neuen Schiff, Job, Bar, Alkohol oder Drogen. Die Sammlung dieser zerütteten Gestalten hat mich je länger ich das Buch las, immer mehr deprimiert.
Die Beschreibung des Fischfangs war einerseits faszinierend und gleichzeitig abstossend. Die Brutalität mit der die Tiere gefangen und weiterverarbeitet werden, dass was es mit den Jägern macht und dann die Person Lilis mittendrin, einerseits beobachtend, gleichzeitig teilnahmlos fand ich schwer zu lesen.
” Es gilt, so schnell wie möglich zu töten. Zeit ist Geld, Fische sind Dollars, und wenn ein Seestern, oft größer als meine beiden aneinander gelegten Hände, an Bord geholt wird., landet er schlaff auf unserem Tisch, er hängt am Haken fest, saugt gierig daran und Joey zerschmettert ihn an einer Metallstrebe.”
Fazit:
Ich musste zunächst einmal ein bisschen darüber schlafen, wie mir das Buch tatsächlich gefallen hat. Eigentlich lässt es sich in zwei Bereiche aufteilen. Der erste Teil des Buches ist spannend und mitreißend. Im zweiten Teil habe ich dann auf eine besondere Entwicklung gewartet und diese dann nicht bekommen – unbefriedigend!
Ich habe mich gefragt, welches Problem ich mit dem Buch hatte.
Letztlich war es wohl meine Erwartungshaltung, die mir der Klappentext geschaffen hat und die für mich im Buch nicht erfüllt wurde. ” Die Seefahrerin” wird als Abenteuerroman angepriesen, ja ein Abenteuer ist es wohl, aber eine Entwicklung hat mir gefehlt. Lili die Hauptfigur, empfand ich nicht als wirkliche Abenteurerin, vielmehr als traumatisierte Frau auf der Suche nach Anerkennung und eigentlich stetig auf der Flucht.
Auch die im Klappentext große Entscheidung zwischen Freiheit und Liebe konnte ich so nicht herauslesen. Lili habe ich nicht als frei empfunden und die Beziehung zu Jude hat sich für mich auch nicht unbedingt als Liebe, dargestellt. Vielmehr wird man Zeuge eine Verbindung zweier verletzter Seelen, die über eine Art der Ko-abhängigkeit verbunden sind.
Wollte ich ein Happy End- ja, vielleicht. Gab es ein Happy End- erhlich gesagt weiss ich es nicht. Das macht mich auf eine bestimmte Art und Weise wütend, dass mich das Buch so zurück lässt.
Wünsche ich mir von solchen Büchern eine Entwicklung der Protagonistin? Ja unbedingt. Dazu gehört aber auch, dass es eine innere Reflektion gibt, eine Veränderung, eine Entscheidung. Diese habe ich hier nicht gefunden und blieb als Leserin irgendwie ohne Ende und Perspektive zurück.
Letztlich kann ich sagen, dass mich das Buch auf eine bestimmte Art und Weise beeindruckt hat. Auch weil es mich so unzufrieden zurück lässt und damit ja nun irgendetwas in mir ausgelöst hat, was mich möglicherweise noch weiter beschäftigen wird.
Es ist sicher ein sehr realistisches Buch über das Leben in diesem harten Umfeld, dass wirklich gut und teilweise spannend geschrieben ist und mich mit seiner Sprache mich auf alle Fälle überzeugt hat.
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6 Comments
Steffi
Mai 27, 2018 at 4:54 pmHey Isabel,
also ich finde das Buch hört sich richtig gut an. Ich werde es mir auf jeden Fall mal merken und vielleicht auf die WuLi legen. 🙂
Hab einen schönen Abend!
Ganz lieben Gruß
Steffi
#litnetzwerk
Fredriksson
Mai 28, 2018 at 8:14 amHey Steffi,
interessant ist es auf jedenfall.
Ich mag es eigentlich auch immer gerne, wenn mich ein Roman zwiespältig zurückläßt, dann bleibt es länger in Erinnerung und beschäftigt einen noch eine Weile.
Liebe Grüße und einen guten Start in die Woche
Isabel
Sabrina
Mai 25, 2018 at 9:50 amHallo Isabel!
Bücher über vor allem weibliche Seefahrerinnen haben auf mich immer einen ganz besonderen Reiz. Selbst mag ich Schiffe nicht gerne, da mir viel zu oft übel wird. In Büchern kann ich ganz ohne Gefahr die Welt umsegeln.
In der Tat stört es mich dann oftmals auch gar nicht, wenn die Protagonisten keine Entwicklung durchmacht sondern einfach vom Alltag und dem Leben auf dem Schiff oder Kutter erzählt.
Liebe Grüße
Sabrina
Fredriksson
Mai 25, 2018 at 3:13 pmLiebe Sabrina,
mir geht es ähnlich wie Dir, ich bin auch überhaupt nicht seefest.
Das ist ja auch die Faszination von Büchern, man kann Dinge erleben, die man selbst nicht kann oder sich nicht traut.
Liebe Grüße
Isabel
Pink Anemone
März 19, 2018 at 1:03 pmHallo Isabel,
jetzt musste ich doch auch gleich mal bei Dir vorbeischauen und ich bin von Deinem tollen Blog ganz begeistert.
Trotz Deiner Kritik, oder besser gesagt gerade deshalb, wanderte das Buch auf meine WL. Ich mag Abenteuerromane, doch Frauen sieht man hier eher selten als Hauptprotagonisten. Das alleine reizt mich dieses Buch zu lesen. Bedenken habe ich eher bezüglich dieser Liebesgeschichte, denn um Liebesromane (Jane Austen ausgenommen *g*) mache ich normalerweise einen großen Bogen. Es überwiegt hier jedoch die Neugier, deswegen …schwupps..auf die WL.
Vielen Dank für die tolle Rezension und ich werde jetzt noch so ein bissl weiterstöbern.
Liebe Grüße aus Wien
Conny
Fredriksson
März 20, 2018 at 10:59 amLiebe Conni,
schön, dass Du ” Die Seefahrerin” interessant findest. Der Aspekt, dass so wenige Frauen in Abenteuerromanen vorkommen stimmt. Ich lese oft auch Reiseberichte von Frauen, dass finde ich auch immer interessant.
Bin gespannt, wie es Dir gefällt, wenn Du es lesen solltest.
Liebe Grüße
Isabel