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” Nachtlichter” von Amy Liptrot [ Rezension]

” Nachtlichter” von Amy Liptrot habe ich bereits auf der Buchmesse in Frankfurt für mich entdeckt. Ich habe mich sehr gefreut, es vom Bloggerportal als Leseexemplar zu bekommen.

” Nachtlichter” von Amy Liptrot ist im btb Verlag erschienen und umfasst 344 Seiten.

Amy Liptrot ist Journalistin und auf den Orkney Inseln geboren.

” Nachtlichter” ist ihr erstes Buch. Es ist eine Autobiographie und beschreibt, wie sie nach zehnjähriger Alkohol- und Drogensucht den Weg ins Leben zurück findet.

Bücher dieser Art faszinieren mich immer wieder. Menschen, die es schaffen ihr Leben komplett umzukrempeln, auch wenn die Bedingungen schwierig sind.

In ” Nachtlichter” beschreibt Amy wie sie auf den Orkney Inseln aufgewachsen ist.

Ich musste erst einmal googlen, wo die Orkney´s überhaupt genau liegen. Es ist eine Inselgruppe aus 70 Inseln im Norden Schottlands mit der Hauptinsel Mainland. Leider habe ich die Karte über Orkney und die im Buch beschriebenen Inseln erst auf den letzten Seiten entdeckt.

Amy Liptrot schafft es in diesem Buch dem Leser die rauhe Natur und die Eigenart der Menschen, die besondere Lebenswelt dieser Inseln erfahrbar zu machen. Man kann den Drang der jungen Menschen verstehen, die Inseln nach der Schule zunächst verlassen zu wollen. Man kann Amy´s Bedürfnis nachvollziehen ins funkelnde London mit all seinen Verheißungen einzutauchen. Wobei hier zu betonen ist, dass es sich keinesfalls um Naivität handelt, sondern gezielt der Sehnsucht nachzugehen als junger Mensch seinen Horizont zu erweitern. Man erfährt wie sie in den Strudel der Sucht hineingerät und doch ist dies nicht das beherrschende Thema dieses Memoirs.

Die Sucht und die damit verbunden Schattenseiten werden nicht voyeuristisch dargestellt, vielmehr schafft es das Buch den Prozess der ” Heilung” sensible und hinterfragend aufzuzeigen. Das Erkennen der eigenen Suchtmuster, das Hinterfragen der eigenen Kindheit.

Amy kehrt nach einem Entzug in London, wieder auf die Orkney´s zurück und dort beginnt dann die eigentliche ” Arbeit/ Heilung”.

Ihre Erfahrungen in und mit der rauhen Natur, begreift sie als Hilfe zur Heilung. Die rauhe Landschaft ist tief in ihr verwurzelt und die Rückkehr zu diesen Wurzeln, das Erkennen tiefer Verbundenheit ist einer Ihrer Wege.

” Meine Lebenshaltungskosten werden sich in Grenzen halten, und es wird der nächste Schritt auf dem Weg meiner Genesung sein, einen Winter im eigenen Haus, in der Nähe des Meeres, zu verbringen. Ich will, dass die Inseln mich weiter aufrechthalten und stützen.”

Das Buch erzählt ganz wunderbar über die Lebensweise der Menschen in dieser Welt, die eigentlich gar nicht so weit von uns entfernt ist, sich aber doch so anders anfühlt. Teilweise noch keltische Feste und Bräuche zeigen die tiefe Verbundenheit zur Natur. Ich fand es sehr interessant zu erfahren, dass es kleine Inseln gibt auf denen vor vierzig Jahren nur zwei Bewohner lebten. Mittlerweile wird versucht die Insel weiter bevölkert zu halten, natürlich ist das Internet eine wunderbare Kommunikationsanbindung. Und es gibt Cottages in denen Familien sogar Probewohnen können, um herauszufinden, ob dieses Inselleben für sie tatsächlich funktioniert.

Mir hat gut gefallen, dass Amy ihre persönliche Familiengeschichte zwar beleuchtet, aber keine Schuld verteilt. Sie hinterfragt und versucht zu verstehen und ich denke, dass dies tatsächlich der Schlüssel dazu ist, ihre Sucht in den Griff zu bekommen.

” Ich wurde in dramatischen Szenen hineingeboren, wuchs in einer Landschaft auf, mit Geburt und Tod von Tieren, religiösen Visionen, am Rand des Chaos, wo jederzeit etwas Aufregendes geschehen konnte, und gleichzeitig die Gefahr bestand, dass etwas schief ging.”

Letztlich schafft es Amy ihre eigene Lebensperspektive zu finden und die zweite Chance zu erkennen.

Das Buch schneidet auch das Thema Naturerfahrungen an. So beobachtet Amy für eine Organisation seltene Vögel. Sie beobachtet den Verlauf der Sterne und man erfährt etwas über die Nordlichter. Sie beschreibt  ihre neue Leidenschaft wöchentlich im kalten Meer zu schwimmen und man versteht ihre Art sich mit Haut und Haaren neuen für sie interessanten Themen zu widmen.

Es ist ein Buch das in den Kontext des New Nature Writings passt. Mir persönlich war es im Mittelteil etwas zu ausschweifend und ich hatte den Eindruck, dass sie sich etwas verliert und das Hauptthema verlässt. Es fängt sich aber wieder, bekommt den ” Bogen zurück” und ist ein sehr lesenswertes Buch.

Wer etwas über wunderbare Naturbeschreibungen mit Hintergrundinformationen, gepaart mit einer Selbstreflexion im Kontext von Suchtüberwindung lesen möchte, dem kann ich dieses besondere Buch nur ans Herz legen.

” Ich frage mich was als nächstes Kommen wird, trete einen Schritt zurück und lasse zu, dass mir das Unerwartete vor die Füße treibt.”

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