“Wir für uns” von Barbara Kunrath
erschienen am 28.07.2021 bei S. Fischerverlage
umfasst 400 Seiten
*vorsorglich kennzeichne ich hier die Links, die zur Verlagsseite und zur Autorenseite führen als Werbung*
Herzlichen Dank an S. Fischerverlage und Netgalley für die Bereitstellung des Leseexemplars!
Klappentext:
Josie ist schwanger. Von Bengt, der schon eine Familie hat und kein Kind mehr möchte. Aber was möchte Josie? Sie ist Anfang Vierzig, und ihre Wünsche hat sie immer auf »später« aufgeschoben. Kathi ist plötzlich allein. Ihr Mann Werner ist gestorben, nach fünfzig Jahren gemeinsamen Lebens. Ihr einziger Sohn ist ihr fremd geworden. Auch Kathi hat so vieles auf »später« verschoben. Als Josie durch einen Zufall in Kathis Küche landet, sind beide verwundert. Sie fühlen sich in Gegenwart der anderen so unbelastet. Ernst genommen. Die beiden Frauen spüren, dass das Leben ihnen genau jetzt ganz unerwartet die Tür öffnet.
So hat es mir gefallen:
Ich mochte Josie schon direkt auf den ersten Seiten. Sie ist ein sympatischer Charakter, der schusselig unt stellenweise unsicher ist, aber ohne Clichés zu bedienen oder zu nerven. Als LeserIn ist man schnell “in der Geschichte drin”. Auf dem Friedhof findet Josie einen Ring, der bei der letzten Beerdigung verloren wurde. Über diesen Ring lernt sie Kathi kennen. Eine eigenständige ältere Dame, die auch mit dem Leben zu kämpfen hat. Beide Frauen “helfen” sich gegenseitig und es entsteht langsam eine Freundschaft.
Neben dieser Freundschaft, kommt Josie´s Mutter “ins Spiel”, die unbedingt von ihre verlangt, dass sie einen Gentest machen soll, um eine mögliche Behinderung des Kindes frühzeititg zu erkennen. Kathis Sohn trennt sich von seiner Frau und bekennt sich zu seiner Homosexualität, mit der Kathi schlecht umgehen kann. An dieser Stelle kippt für mich die Geschichte leider immer mehr. In meinen Augen hat die Autorin hier “zu viel gewollt” bzw. in die Geschichte “moderne Themen” einfliessen lassen wollen. Das ist für mich in keinster Weise gelungen. Ich mochte den Schreibstil, der den Roman wirklich gut lesen lässt, aber die Problematiken war irgendwie zu viel. Sie hätte sich nur auf eine Thematik beschränken sollen, denn die Freundschaft von Josie und Kathie birgt viel Potenzial, da hätte es nicht noch so viele “konstruierte Problematiken” gebraucht.
Insbesondere der Umgang mit dem Thema “Trisomie 21/ Downsyndrom” im Buch fand ich schwierig. Nicht das Thema selbst, dass sollte viel mehr vertreten sein, aber das Wie.
Im Nachwort beschreibt Fr. Kunrath, dass sie sich tief mit dem Thema “Trisomie 21” im Schreibprozess auseinandergesetzt und sich mit ihrer Lektorin alles genau angeschaut hat. Ich verstehe ihren Ansatz, der tatsächlich das “Richtige” will, dennoch ist mir mit dem Thema nicht differenziert genug umgegangen worden. Es ist richtig und wichtig solche Themen in Romane zu integrieren, aber dann bitte mit einer Ernsthaftigkeit, die für mich bedeutet, dass man als AutorIn ggf. auch mit betroffenen Familien spricht.
So wird hier bspw. im Zusammenhang mit “Trisomie 21” von “Krankheit” gesprochen oder auch das “M…-Wort” benutzt, was ein No-Go ist. Wenn ich mich als Autorin solchen sensiblen Themen widme, muss ich sie auch entsprechend tief recherchieren. Da reicht mir die Motivation “ich will es ja gut machen und was Gutes tun” so nicht aus!
Fazit:
“Wir für uns” hat als Roman Potential, leider durch die Vielfalt der konstruierten Problematiken, die wohl mehr nach Gefühl geschrieben wurden, als dass sich tiefer damit auseinandergesetzt wurde, hinterlässt das Buch bei mir einen faden Beigeschmack.
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