“Die Möglichkeit von Glück” von Anne Rabe
erschienen am 18.03.2023 bei Klett-Cotta
umfasst 384 Seiten
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Herzlichen Dank an Netgalley und den Klett-Cotta Verlag für die Bereitstellung des Leseexemplars!
Klappentext:
Stine kommt Mitte der 80er Jahre in einer Kleinstadt an der ostdeutschen Ostsee zur Welt. Sie ist ein Kind der Wende. Um den Systemwechsel in der DDR zu begreifen, ist sie zu jung, doch die vielschichtigen ideologischen Prägungen ihrer Familie schreiben sich in die heranwachsende Generation fort. Während ihre Verwandten die untergegangene Welt hinter einem undurchdringlichen Schweigen verstecken, brechen bei Stine Fragen auf, die sich nicht länger verdrängen lassen. Anne Rabe hat ein ebenso hellsichtiges wie aufwühlendes Buch von literarischer Wucht geschrieben. Sie geht den Verwundungen einer Generation nach, die zwischen Diktatur und Demokratie aufgewachsen ist, und fragt nach den Ursprüngen von Rassismus und Gewalt.
So hat es mir gefallen:
Anne Rabe hat mit diesem Buch ein intensives Zeitdokument darüber geschrieben, wie das Aufwachsen in einem totalitären Staat, selbst, wenn sich dieser gerade wandelt, einen ungeheuren Einfluss auf das Gesamtsystem Familie hat.
Schonungslos erzählt die Protagonistin Stine, über die Gewalt, der sie und ihr kleiner Bruder ausgesetzt sind. Diese Gewalt geht in erster Linie von der Mutter aus, der Vater lässt es geschehen und auch die ErzieherInnen und LehrerInnen üben in unterschiedlichsten Formen Gewalt aus. Das Trauma, was Stine erfährt, lässt sie auch im Erwachsenenalter nicht los. Gerade als Sie selbst Mutter wird, reflektiert sie das erlebte als so unfassbar. Trotz der vielen Jahre die vergangen sind, versucht die Mutter immer noch ihren Einfluss gelten zu machen mit Hilfe von Manipulation.
Neben dem Aufwachsen bei ihren Eltern, erhält der Großvater mütterlicherseits einen großen Anteil im Buch. So erzählt Stine, wie dieser im 2. Weltkrieg aufwuchs, an der Front war und sich dann dem sozialistischen System verschreibt, um dort Karriere zu machen. Stine hat ein enges Verhältnis zum Großvater. Die Autorin beschreibt am Beispiel des Großvaters wie prägend der Faschismus für ihn war und gleichzeitig darin der Anfang der Gewaltspirale liegt, die sich über Generationen weiterentwickelt.
Weiterhin wird erzählt, wie sich “die Wende” auf die Familie und andere auswirkte und wie auch hier eine Ungerechtigkeit zu Tage tritt, denn bspw. der Vater von Stine kann studieren und sich beruflich sofort anpassen. Der Vater ihrer Freundin, der immer im Widerstand gegen das System war, durfte deswegen kein Abitur machen und ihm ist es nicht möglich “im Westen” eine Karrier zu starten.
“Die Möglichkeit von Glück” ist in keinster Weise ein charmanter Rückblick auf die DDR. Vielmehr zeigt es die Verrohung, die Bespitzelung und die Gewalt, die geherrscht hat, auf. Wie diese die weiteren Generationen geprägt hat. Dadurch kann man auch eine Art Erklärung für verschiedene Entwicklungen im heutigen Osten Deutschlands erkennen.
Die vergessenen Lieder, die irgendwo in dir vergraben sind.
Das Koordinatensystem, in dem du dich bewegtest, Schritt für Schritt hinein in die Struktur, die Institutionen, die Rituale.
Und dann – nicht mehr.
Stille.
Stillsein.
Fazit:
Das Buch von Anne Rabe ist absolut zu recht auf der Shortlist des Buchpreises 2023. Ihre Beschreibung des Systems DDR und der Einfluss bis tief in die Familie hinein ist erschütternd und gleichzeitig “aufklärend”.
Kein einfaches Buch, aber ein wirklich Wichtiges!
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